milch machen

Aus aktuellem Anlass und um der Medienaufmerksamkeit seriös und professionell zu begegnen: Was zwischen Kuh und heimischem Kühlschrank mit unserer Milch gemacht wird.
Vorzugsmilch haben wir nicht, hatten wir aber mal – es handelt sich um die unbehandelteste Milch, die im Handel zu kriegen ist. Sie wird lediglich gefiltert und dann verpackt, muss innerhalb von 96 Stunden nach Austritt aus der Kuh verzehrt werden und unterliegt äußerst strengen Hygienevorschriften, was die Herstellung für den Produzenten sehr aufwendig macht. Der Hamfelder Hof hatte Vorzugsmilch im Angebot, bis die gesetzlichen Hygienebestimmungen für den Verkauf dieses Produkts so sehr verschärft wurden, dass die notwendigem neuen Verfahren den Kostenrahmen gesprengt hätte. Also hat der Hamfelder Hof bis auf weiteres darauf verzichtet, Vorzugsmilch zu produzieren, und wir damit auch darauf, sie zu verkaufen.

Frischmilch haben wir natürlich, und zwar im blauen und roten Tetrapak vom Hamfelder und in der Flasche vom Arpshof. Die Arpshof-Milch wird lediglich pasteurisiert – das heißt, für 15 bis 30 Sekunden auf 72 bis 75 Grad erhitzt und danach sofort wieder abgekühlt. Beim Pasteurisieren handelt es sich um ein schonendes und für alle Milchprodukte außer Vorzugsmilch gesetzlich vorgeschriebenes Verfahren, das die Haltbarkeit der Milch erhöht, krankheitserregende Keime (wegen denen Vorzugsmilch manchen Experten als bedenklich gilt) abtötet und den allergrößten Teil der „guten“ Inhaltsstoffe erhält. Pasteurisierte Milch ist insgesamt acht bis zehn Tage haltbar.

Die Hamfelder Frischmilch (die vollfette im blauen und die fettarme im roten Tetrapak) ist zwar ebenfalls auf der Packung als lediglich pasteurisiert ausgewiesen (was von Gesetzes wegen durchaus in Ordnung so ist), ist aber mit einem Verfahren behandelt, das sich von der üblichen Pasteurisierung unterscheidet: Sie wird durch Injektion von 125° heißem Wasserdampf auf wesentlich höhere Temperaturen gebracht – allerdings nur für sehr kurze Zeit, nämlich 1 – 1,5 Sekunden, bevor sie wieder auf 2° abgekühlt wird. Dieses Vorgehen in Verbindung mit der sorgfältigen sterilen Abfüllung erhöht die Haltbarkeit der Milch auf bis zu drei Wochen.
Laut Hamfelder Hof gibt es zwischen herkömmlicher pasteurisierter Milch und der im Injektionsverfahren behandelten keine messbaren Unterschiede. Tatsächlich ist man dort sehr stolz auf diese schonende, verlustfreie Haltbarmachung der Milch; das Verfahren ist in dieser Form in Deutschland einzigartig. Somit handelt es sich bei der Hamfelder Milch in allen Varianten zwar um eine sogenannte „ESL“-Milch (Extended Shelf Life), aber die Methode, mit der die längere Haltbarkeit erreicht wird, bewahrt Qualität, Inhaltsstoffe und Geschmack besser, als es bei anderen Herstellern der Fall ist.

Die braun bedruckte Hamfelder „Längerfrische„, und das ist leider ziemlich irreführend, ist zwar auf der Packung als „längerfrisch“ und „hocherhitzt“ und nicht als Frischmilch ausgewiesen, unterscheidet sich aber von ihren blauen und roten Geschwistern nicht durch höhere Erhitzung – sie wird demselben Erhitzungsverfahren unterzogen wie die anderen beiden auch. Die Haltbarkeit von bis zu vier Wochen wird durch eine zusätzliche Homogenisierung erreicht. (Die beiden Frischmilche sind nicht homogenisiert, weshalb sich nach ein paar Tagen eine Rahmschicht auf der Oberfläche bilden kann, die nix schadet und durch Schütteln wieder unauffällig wird.) Bei der Homogenisierung wird die Milch wird unter sehr hohem Druck auf eine Metallplatte gespritzt. Dabei zerplatzen die enthaltenen Fetttröpfchen in sehr viel kleinere Fetttröpfchen, die sich besser und gründlicher in der Milch verteilen und dort auch länger bleiben, so dass sich kein Rahm bildet. Manche Ernährungsexperten sind der Meinung, dass homogenisierte Milch leichter verdaulich ist, andere denken, dass die kleineren Fetttröpfchen leichter ins Blut geraten und unter Umständen Allergien auslösen können – ganz einig ist man sich also nicht. Die Homogenisierung erhöht jedenfalls die Haltbarkeit um einige Tage.

Die Demeter-Flaschenmilch vom Arpshof ist eine klassische, nach dem üblichen Verfahren pasteurisierte und nicht homogenisierte Frischmilch und das Produkt der Wahl für diejenigen, die ein möglichst naturbelassenes Produkt kaufen möchten und sich mit der geringeren Haltbarkeit von einer guten Woche arrangieren können. Dafür gibt es verschiedene gute Gründe: Auf kurzen Transportwegen wie diesem ist eine Mehrwegflasche die umweltfreundlichere Verpackungsvariante. Die Arpshof-Milch ist unsere günstigste. Und: Der Arpshof ist der letzte Hof in Norddeutschland, der seine Milch selbst aufbereitet und vertreibt, also seine eigene Milchmarke hat. Alle anderen haben das Milchgeschäft entweder aufgegeben oder geben ihre Milch an große Meiereien ab, weil sich eine eigene Vermarktung nicht mehr trägt. Das tut sie übrigens im Fall des Arpshofes auch nicht, aber die Leute dort machen damit weiter, weil es ihnen Freude macht. Und wenn der Arpshof das so sagt, dann glauben wir denen das. Mit dem Kauf der Arpsmilch leistet man also einen Beitrag zum Fortbestand eines regionalen, mit Liebe gemachten Produktes mit Identität und Charakter, das obendrein gut schmeckt.

Den SZ-Artikel über das Für und Wider der verschiedenen Milche, der wohl für einen guten Teil des Aufruhrs um ESL-Milch verantwortlich ist, lese der interessierte Mensch hier. Der Text, der heute auf der Website des Hamfelder Hofs als Reaktion auf dem Rummel erschien, ist hier anzuschauen.