warenwirtschaft newsletter_48

Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

es ist Zeit vergangen seit unserem letzten Schrieb – eine Zeit voller Ereignisse, Dinge und Sachen. Eine Zeit, die auch und gerade für meine Lyrik eine wichtige und prägende Zeit war, in der ich viel lernen und mich weiterentwickeln durfte – danke an alle Lyrik-Interessierten für die vielen hilfreichen Einwürfe bzgl. meiner letzten Arbeit.
Eine Kostprobe kann ich hier unmöglich vorenthalten – es handelt sich um einen Auszug aus meinem mehrbändig geplanten Versepos „Herbst“, genauer um die Szene, in der ein befreundeter Erbschaftsrechtsanwalt den Protagonisten aufsucht, um ihm frohe Kunde zu bringen:

Immer noch Herbst
und ich freu mich derbst
dass du was erbst
nämlich – und ich bring’s schonend dir bei:
eine alte Gerberei
in der du dann gerbst.

Neben der Welt der Poesie gibt es aber auch noch andere, weniger wichtige Themen:

Weihnachten
Für größtmögliche Wahrnehmungswahrscheinlichkeit hier nochmal die Details der nächsten Woche: Unser letzter Öffnungstag vor der Jahresendschließung ist Mittwoch, der 23.12. 
Entgegen üblicher Mittwochstradition öffnen wir schon um 9, und der Symmetrie halber (und auch ein bisschen als Service) schließen wir auch um 9 wieder, also dann abends:

MITTWOCH 23.12. GEÖFFNET VON 9 BIS 21 UHR

Und dann bleiben wir bis zum 3.1. geschlossen.

Pauls Biomolkerei
(Achtung, komplex, daher lang)
Wie heimelig das klingt, was da auf den Joghurtbechern steht! Bloß: Die Molkerei Söbbeke gehört gar nicht mehr richtig Paul, sondern zum größten Teil der Firma Bongrain, bwz. seit kurzem Savencia. Nie gehört? Wir auch nicht. Und das ist Teil des Problems. Savencia ist der weltgrößte Käsekonzern, eine Art Dr. Oetker aus Käse, ein komplett undurchsichtiger Riesenmoloch, der im konventionellen Einzelhandel so ziemlich jede Käsemarke verantwortet, für die man mal Werbung im Fernsehen gesehen hat: Bresso, Brunch, Géramont, Le Tartare, Saint Albray… und seit knapp zwei Jahren hat Savencia sich ein Standbein in der Biobranche gesichert. Und wir haben das erst jetzt bemerkt, weil, wie so oft, die eingekaufte Marke nach außen hin weiter als alteingesessenes Familienunternehmen auftritt, da das – in der Biobranche mehr noch als anderswo – einfach besser ankommt. Aber Söbbeke ist damit genau das geworden: Eine eingekaufte Marke, die nach Belieben mit Marketing gefüllt wird von einem Unternehmen, von dem keiner weiß, was es will und macht und wofür es steht, außer natürlich für Geldverdienen. Fast zynisch wirkt es unter diesen Umständen, dass der Schriftzug „Pauls Biomolkerei“ erst letztes Jahr auf den Produkten aufgetaucht ist, als die Firma schon ein Weilchen nicht mehr Pauls war.
Es ist jedenfalls mehr als schwierig, darauf zu vertrauen, dass Savencia für Söbbeke die wesentlichen Entscheidungen auf derselben soliden Wertegrundlage fällen wird, wie es jahrelang Paul Söbbeke getan hat.

Der Besitzerwechsel ist noch nicht einmal per sé verwerflich. Die Biobranche befindet sich an einer Sollbruchstelle in dieser Hinsicht: Die Pioniere, die in den späten Siebzigern und frühen Achtzigern die alteingesessenen, heute noch authentischen und glaubwürdigen Unternehmen gegründet haben, kommen alle in die Jahre, alle befinden sich quasi aus naturgesetzlichen Gründen im Umbruch, und nicht für alle Familienunternehmen ist es so einfach, in der Familie weitergereicht zu werden. Vielleicht wollen die Kinder ja was ganz anderes machen. Ist ja auch anderswo nicht selten – ein Hippiekind wird gelegentlich Polizist und CDU-Wähler.
Dazu kommt der wachsende Druck, sich im Rahmen des Bio-Booms gegen eine steigende Anzahl von jüngeren, finanzstärkeren und weniger ideologiegebundenen Marken behaupten zu müssen – mögliche Antworten darauf sind Marketing und Wachstum, und beide sind erstmal sehr teuer.
Der Schritt in die Konzernwelt wird aus dieser Perspektive ein bisschen nachvollziehbarer – sowohl das Nachfolge- als auch das finanzielle Problem lassen sich so lösen. Und von den Dingen, die man einer solchen Entscheidung opfern muss, werden sich auch die Söbbekes nicht leichten Herzens getrennt haben.

Trotz allem: Es geht auch anders – manch anderer Hersteller macht es vor. Statt Konventionalisierung und Discounterisierung im Gegenteil eine Konzentration auf das, was die Biobranche ausmachen sollte: Werte, Vertrauen, Transparenz, Unmittelbarkeit. Das muss nicht unwirtschaftlich sein. Zumindest bei uns verkaufen sich diese Alleinstellungsmerkmale sehr gut.
Söbbeke dagegen passt als Marke nicht mehr so richtig zu der Art transparentem, authentischem, glaubwürdigem Bio, die wir in der warenwirtschaft verkaufen wollen. Wir wollen wissen und vermitteln können, wer unsere Produkte wie und warum herstellt, wir wollen hinter den Produkten, ihren Herstellern und Werten stehen können. Und wir wollen wissen, wen man ansprechen kann, wenn etwas mit einem Produkt nicht stimmt. 

Nun ist die Vielfalt und Qualität von Söbbeke nicht so leicht zu ersetzen. Aber wo wir bisher Paul den Vorzug gegeben haben, werden wir in Zukunft eher zu Schrozberg greifen, wenn es die Alternative gibt, das werdet ihr am Mopro-Regal vielleicht schon bemerkt haben. Die kommen zwar von weiter weg, sind aber von der Qualität mindestens ebenbürtig. Und Anfang nächsten Jahres hoffen wir, zusätzlich die kleine Molkerei Lobetaler aus dem Berliner Umland ins Sortiment zu bekommen – die sind nah, haben gute Produkte und sind sehr engagiert.

Wer übrigens in dieser Angelegenheit NOCH mehr lesen will, tue das in einem interessanten Branchen-Insider-Text hier.

Summer’s Tale
Falls wir eine fanatische Fanbase haben, die entschlossen ist, uns zu jedem unserer Auftritte nachzureisen, möchten wir sie herzlich grüßen und darauf hinweisen, dass das hier eine schöne Gelegenheit wäre, damit anzufangen. Wir halten dort einen Vortrag, von dem wir bisher nicht viel mehr wissen als dass er sehr, sehr gut sein wird, vielleicht sogar exzellent.

Brot ohne
Eine Special-Interest-Mitteilung: Ab Anfang nächsten Jahres werden wir immer Freitags glutenfreie Brote im Angebot haben. Die Zielgruppe ist da wohl eher klein – aber wirklich arm dran, es ist nämlich überhaupt nicht einfach, solche Dinger in guter Qualität zu bekommen. Also: Freut euch, ihr Unverträglichen, das wird dann in 2016 ein bisschen leichter.

Ein kleiner Abschied
Zum Abschluss noch: Der Schreiber dieser Zeilen (Ich) schreibt hier für ein Weilchen zum letzten Mal. Ich mache ein Jahr Warenwirtschaftspause, um ein neues Kind in Empfang zu nehmen und ein paar liegengebliebene Nebenprojekte zu verfolgen. Josefine wird der neue Nico, und Caro und Sophia, die ihr vermutlich noch nicht kennt, werden die neue Josefine. Ihr werdet in den allerbesten Händen sein und den Unterschied womöglich kaum bemerken.
Für die Autorenschaft der Newsletter 2016 sind wir in bereits in Verhandlungen. Es braucht jemanden, der auf Kommando so richtig gefühlig daherkommen kann, da hängt die Latte hoch. Wir sind gespannt, wer von den Kandidaten das Rennen macht: Jung v. Matt, Scholz & Friends oder Anne.

So. Für dieses Jahr habt ihr genug von uns gehört.
Wir wünschen die allerseligsten Feiertage und einen wilden Rutsch Richtung 2016. Komt gut an.

Anne, Arina, Berit, Florian, Nico und Reuli


warenwirtschaft.