warenwirtschaft newsletter 29

Hamburg, im Februar 2011

Verehrte Einkaufsgemeinschaft,

es ist Zeit für neue Nachrichten aus der actionfilmartig spannenden Welt der biologisch hergestellten Lebensmittel. Macht es euch bequem, nehmt euch was zu trinken, schließt die Tür, lehnt euch zurück – das hier wird ein langer Text, ich merke es jetzt schon.

Zunächst mal, fast ein wenig zu spät:

Willkommen im neuen Jahr!
Das letzte war für die warenwirtschaft ein ziemlich gutes. Wir haben inzwischen über 450 Mitglieder; ihr seid also seit Januar 2010 gut hundert Leute mehr geworden. Ein Lob dafür an euch – weiter so!

Wenn ihr das Tempo so haltet, wird unser kleiner Laden aber trotzdem noch plusminus anderthalb Jahre brauchen, bis er ungefähr da angekommt, wo er hinsoll – und das ist für uns nach jetzt schon knapp drei Jahren Leben auf Sparflamme auch ein nicht ganz weiches Brot.
Den unermesslichen Reichtum, den wir uns verdienen würden, wenn die warenwirtschaft solche Umsätze machen würde, ohne ein Mitgliederladen zu sein, dürfen wir uns gar nicht ausmalen, da wird uns ganz schwummerig. Ach, wir hätten Boote, und Inseln, und riesige SUVs, und Flugzeuge, und zum Teufel mit dem nachhaltigen Leben, fliegen wir halt mal eben für ein Wochenende in die Karibik. Aber andererseits: Wäre die warenwirtschaft kein Mitgliederladen, würden die Menschen auch lange nicht so viel bei uns einkaufen, wie sie es tun. Und wenn man sich das vor Augen führt, trauert man den Booten und Inseln und Flugzeugen auch gar nicht mehr nach, fast. Und Geld alleine macht auch nicht glücklich. Und die Reichen sind sowieso alle frustriert und gelangweilt.
Aber wäre schon schön, wenn demnächst vielleicht mal eine Altersvorsorge für uns drin wäre… also, Mitglieder: Werdet mehr, und tut es schnell!Eine sehr gute Nachricht:

Susana ist neu im Boot.
Seit Dezember hilft sie bei uns aus, deswegen sind die meisten von euch ihr sicherlich schon über den Weg gelaufen. Sie ist jetzt und in Zukunft ungefähr zweimal die Woche bei uns – genau wie Frank, nur als Frau und etwas kleiner. Susana ist auf dem uns allen sehr am Herzen liegenden Arpshof aufgewachsen und bringt dementsprechend viel Gefühl dafür mit, worauf es in der actionfilmartig spannenden Welt der biologisch hergestellten Lebensmittel ankommt. Außerdem ist sie nett und auf zack. Wir haben einen guten Fang mit ihr gemacht.

Fleisch von Fricke
ist teuer! Und zwar bei uns! Das haben wir nicht selbst gemerkt, aber eine Kundin hat uns freundlicherweise darauf aufmerksam gemacht: An Frickes Markstand erhält man einige Fleischsorten deutlich günstiger, als wenn man sie als Mitglied bei uns bestellt. Konnten wir erstmal gar nicht glauben, denn wir verdienen ja nix an unseren Mitgliederpreisen, wie verdient dann Fricke? Aber tatsächlich stimmt das. Fricke gibt offenbar seine Ware nicht zu üblichen Händlerpreisen an Wiederverkäufer weiter, oder unterbietet sie noch in seinem eigenen Marktverkauf. Das ist merkwürdig, denn damit macht er sich natürlich selber Konkurrenz – aber so ist es dann wohl, Fricke hat sicher seine Gründe dafür. Dementsprechend sei allen, die gerne günstig Frickefleisch kaufen wollen und Freude an Marktbesuchen haben, ein Besuch bei Fricke selbst empfohlen. Wenn es nicht Fricke sein muss und noch günstiger sein darf, bestellt bei uns Fleisch von Bauck. Das ist in Qualitätsfragen ebenso über jeden Zweifel erhaben, außerdem Demeter-zertifiziert und erstaunlicherweise trotzdem günstiger (was auch damit zu tun hat, dass der Bauckhof in seiner Eigenschaft als Hof seine Tiere selber heranzieht und nicht wie Fricke erst einkaufen muss). So regional wie Frickefleisch ist es aber leider nicht: Die drei Bauckhöfe liegen etwa 100 km entfernt in der Nähe von Uelzen.

Aus dem Holzofen
kommt das Brot vom Holzofenbäcker in Kiel – deswegen heißt der übrigens auch so. Es handelt sich um einen sympathischen kleinen Familienbetrieb, in dem Vater und Sohn Brot backen wie früher. Und weil Sohn ein Restaurant die Straße runter mit Brot beliefert und dabei immer an der warenwirtschaft vorbeifährt, ist er neulich mal reingekommen und hat uns was zum Probieren reingereicht – mit Erfolg. Seit zwei Wochen also neu bei uns im Brotregal: Gebäck vom Kieler Holzofenbäcker, freitags Brötchen, samstags Brote.

Arpshof-Milch
wird es leider bald bis auf weiteres nicht mehr geben. Der Arpshof befindet sich im Umbruch, es gibt Nachwuchsprobleme bei den Arbeitskräften, die sich um die Landwirtschaft kümmern, es fehlt an Leuten, die Zukunft ist ungewiss, und hier und da müssen Einschnitte gemacht werden. Einer davon ist die Milch – und das ist schade, weil die Milch vom Arpshof schon ein besonderes Produkt ist. Aber die tollen Brote und Würste und Kartoffeln bleiben uns erstmal erhalten, und zum Sommer hin soll sich einiges klären. Wir sind guter Hoffnung, dass die Arpshöfler das wieder hinkriegen

Internet-Tipp
Ecosia ist eine Internet-Suchmaschine, die erstmal nicht so gut funktioniert hat, inzwischen aber Google nur noch in wenig nachsteht und für die allermeisten Fälle völlig ausreicht. Aber damit nicht genug: Ganz anders als Google und Konsorten ist Ecosia ein klimaneutrales Unternehmen und spendet 80% des gemachten Gewinns in ein Regenwaldschutzprojekt des WWF. Da ist schon so einiges zusammengekommen, das wird alles sehr schön transparent gemacht. Und je mehr Benutzer, desto mehr Gewinn, desto mehr Regenwald. Schaut euch das doch mal wohlwollend an, bei Gelegenheit. Bei Gefallen ruckzuck Ecosia als Standardsuchmaschine einrichten!

Bester Bioladen
Ihr erinnert euch sicher an die Schrot&Korn-Leserwahl,
mit der wir euch vor ein paar Monaten belangt haben. Wir haben inzwischen die Ergebnisse gekriegt – und neigen dankend, stolz, aber doch bescheiden die Häupter.

 

Es folgt jetzt so eine Art Statistik-Teil, lang und ausführlich – bei Desinteresse unbedingt überlesen.

 

In unserer Größenkategorie sind 57 Läden mit Medaillen ausgezeichnet worden. In der Sparte Preis/Leistung teilen wir uns den ersten Platz und damit die Goldmedaille mit niemand anderem als unseren guten alten Freunden von Onkel Emma in Marburg, bei denen weite Teile von uns zu Studienzeiten selbst mal eingekauft haben. Mit Onkel Emma haben wir in der Planung unseres Ladens sehr eng zusammengearbeitet, da teilen wir gerne mal eine Goldmedaille mit denen, wenn’s denn sein muss.

In der Gesamtwertung liegen wir auf Platz drei – auch nicht schlecht, auch wenn wir uns hier die Platzierung mit einem Dutzend anderer Läden teilen. Aber die machen ja sicher auch gute Arbeit.

Insgesamt also: Einmal Gold, einmal Bronze, unsere tolle Position vom letzten Jahr haben wir behaupten können – durch eure positiven Bewertungen, vielen Dank dafür.

Viele von euch haben außerdem die Gelegenheit genutzt, detaillierte Rückmeldungen zu den Dingen zu geben, die euch bei uns besonders gefallen, und auch zu denen, die ihr verbesserungswürdig findet. Die überwältigende Mehrzahl der Rückmeldungen ist sehr, sehr freundlich ausgefallen. Allzu sehr ins Detail gehen muss man da jetzt vielleicht nicht, sonst werden wir verlegen – aber viele von euch mögen unseren Laden offenbar ziemlich gerne und führen dabei viele der Kriterien an, die wir uns damals bei der Gründung des Ladens zum Vorsatz gemacht haben. Gar nicht mal so wenigen gefällt sogar unser Newsletter ausdrücklich gut – Grund genug, ihn diesmal ganz besonders lang und zeitraubend zu gestalten! Wir machen also scheinbar irgendwo irgendwas richtig, und das, was wir wollen, kommt bei euch an. Schön!

Unter den Verbesserungsvorschlägen, die ihr macht, fällt das meiste in eine von drei Kategorien: Ein paar Wünsche richten sich auf diese oder jene Sortimentserweiterung oder insgesamt auf mehr Auswahl, einige hätten gerne längere Öffnungszeiten, und relativ viele haben unterschiedliche Anregungen, was die schnellere Abwicklung an der Kasse zu Stoßzeiten angeht.

Zum Sortiment: Wir haben im Lauf des letzten Jahres ungefähr den Wert eines Kleinwagens (gebraucht, guter Zustand) in die Erweiterung unseres Sortimentes investiert. Wir wissen sowas immer erst am Ende des Jahres mit dem Jahresabschluss der Buchhaltung, und wir waren von der Höhe der Zahl selbst etwas überrascht – das läppert sich so über die Monate ganz schön zusammen. Mit anderen Worten: Das Sortiment wächst stetig, natürlich trifft es dabei die Bedürfnisse mancher Leute und geht an denen anderer Leute vorbei. Es lohnt sich in jedem Fall, uns weiterhin mitzuteilen, wenn euch etwas Bestimmtes in unseren Regalen fehlt. Wenn sich zwei, drei Leute für Produkt X interessieren, und wir Produkt X besorgen können, und sonst nichts gegen Produkt X einzuwenden ist, hat Produkt X gute Chancen, ins Sortiment aufgenommen zu werden.

Die Öffnungszeiten waren schon bei der Leserwahl im letzten Jahr ein Punkt, der manchen von den Wählenden am Herzen lag. Und wie im letzten Jahr müssen wir an dieser Stelle leider sagen: In absehbarer Zeit ist da keine Änderung drin. Das ist natürlich eine Absage an die Idee der absoluten Dienstleistungsbereitschaft im Allgemeinen und die der berufstätigenfreundlichen Öffnungszeiten im Speziellen, aber zwischen Berufstätigenfreundlichkeit und Warenwirtschaftsbetreiberfreundlichkeit entscheiden wir uns in diesem Punkt für uns.

Es ist eine traurige Entwicklung, dass viele Berufstätige so familien- und einkaufsunfreundliche Arbeitszeiten haben und es sich auch nicht anders aussuchen können. Das Spätshopping in manchen Supermärkten, das bei den Angestellten dort zu noch familien- und einkaufsunfreundlicheren Arbeitszeiten führt wie die der restlichen Berufstätigen, ist eine hässliche Konsequenz davon.
Einer der Vorteile des eigenen Ladens ist es, dass man weitestgehend selbst bestimmt, wo die Grenze zwischen Arbeit und Privatleben verläuft. Wir ziehen diese Grenze abends um neun (denn dann sind wir raus, wenn wir nach Ladenschluss um sieben noch alles geputzt und aufgeräumt haben), und samstags am Ende einer ziemlich langen Arbeitsschicht von acht bis sechs (denn so lange dauert es, wenn man den Laden von neun bis zwei aufhalten möchte). Mehr ist nicht drin, mehr können und wollen wir nicht bieten, für alles andere bräuchten wir deutlich mehr Geld für deutlich mehr Personal.

Die Bewältigung der Stoßzeiten, zu guter Letzt, ist uns als Problem bewusst, und mit dem weiteren Wachstum des Ladens wird das bestimmt nicht weniger werden. Wir haben inzwischen zwei weitere Schichten in der Woche mit drei Leuten anstatt mit zweien besetzt, was dank der neuen Arbeitskraft von Susana möglich geworden ist (übrigens eine jährliche Investition ungefähr in Kleinwagenhöhe); das hat die Lage schon einmal ein wenig entzerrt. Mittelfristig wird ein mehr an Mitgliedern auch in ein noch mehr an Arbeitskraft investiert werden müssen – das Soll sieht vor, das wir irgendwann mit sechs vollwertigen Kollektivisten werden arbeiten können, und dann wird es nur noch sehr wenige Zeiten geben, in denen wir nicht mindestens zu dritt im Laden sind. Aber dafür brauchen wir noch ein paar Kunden mehr – bringt alle eure Freunde!

Außerdem haben wir soeben schweren Herzens in die Anschaffung eines neuen Kassensystems investiert (kostet kaum mehr als ein Kleinwagen). Wir haben uns jetzt sehr lange mit der billigen Variante herumgeschlagen – und die meisten von euch werden schonmal die Konsequenzen davon ertragen haben, wenn es wieder hieß: Moment, geht gleich weiter, die Kasse spinnt mal wieder. Vorzugsweise samstags, mit einer mehrfach ums Gemüseregal gewickelten Schlange. All das ist jetzt bald Vergangenheit, und auch das ist ein Schritt, der die Abläufe am Kassentresen beschleunigen wird: Weniger Ausfälle, und keine Notwendigkeit mehr, nach jedem gescannten Produkt mit einem Auge zu überprüfen, ob die Kasse jetzt auch verstanden hat, was man von ihr will. Die Umstellung passiert übrigens kommendem Montag, dem 20., und am Dienstag drauf werden wir dann erstmals mit der neuen Software arbeiten – womöglich bedeutet diese Umstellung vorübergehend nochmal kleine Geschwindigkeitseinbußen, wegen der Umgewöhnung, aber das geht schnell vorbei.

Diese beiden Neuerungen – mehr Arbeitskraft und ein ordentliches Kassensystem – sind auch die Voraussetzung, um irgendwann vielleicht mal eine zweite Kasse anschließen und besetzen zu können.

Übrigens, für diejenigen, die flexibel genug sind, um ihre Einkaufszeiten entsprechend zu wählen: Die Vormittage dienstags und donnerstags sowie Samstage bis ungefähr halb elf gelten als die letzten potentiellen Inseln der Ruhe im bewegten Alltag der warenwirtschaft – hier finden sich gute Chancen auf beschauliches Einkaufen ohne langes Anstehen. Ganz schlecht sind die Nachmittage montags und freitags, und die Samstage nach elf natürlich.

 

Neue Produkte

  • Solluna Catarrato Sicilia Blanco (jetzt auch ein recht preiswerter Weißwein mit Sonne und Mond drauf)
  • der Frühlingssirup von Voelkel: Erdbeer-Cranberry
  • Sex on the Beach (neuer alkoholfreier Cocktail, fast alle diese Cocktails sind übrigens auf Eis erstaunlich lecker! Bei Gelegenheit und angemessener Temperatur mal probieren!)
  • Dinkel-Honig-Poppies
  • Dinkel-Kakao-Poppies
  • Anis im Gewürzregal
  • bestimmt noch ein paar Sachen mehr, von denen ihr später erfahrt, denn Berit und Reuli sind gerade im Urlaub und haben einen besseren Überblick über ihre Sortimente als wir Daheimgebliebenen

Und hiermit beschließen wir am Ende doch noch diesen Brief – kaum einer hätte noch damit gerechnet, dass er je aufhört – steigen in drei eingebildete Kleinwagen und fahren glücklich in den Sonnenuntergang.

Auf bald,

 

Anne, Berit, Florian, Nico und Reuli

Übrigens: Fans können alte Newsletter aus vergangenen Zeiten hier im Archiv betrachten und zum Beispiel auswendig lernen.