sonderdepesche corona

Liebe Leute,
bei uns ist in den letzten Tagen so viel los, dass wir unter dem Ansturm ganz schön ächzen. Das müsste nicht so sein.
Bitte vernehmt unser Flehen: Für panisches Bunkern gibt es keinen Anlass!
 
Was durchaus Sinn macht: 
Seltener und dafür organisierter einkaufen. 
Möglichst alleine einkaufen anstatt mit der ganzen Familie kommen, und bittebitte schon gar nicht mit verschnupften Familienmitgliedern, die uns quer übers Gemüseregal husten.
Und natürlich andere für euch einkaufen lassen, wenn ihr im Urlaub in Risikogebieten wart oder Symptome habt, das sollte ja ohnehin klar sein.
 
Was KEINEN Sinn macht: 
Hamstern. 

Im Gegenteil. Wer hamstert, streut Panik und macht die Versorgung schwierig, wo sie nicht schwierig sein müsste.
Wenn bei uns gerade Dinge knapp werden, dann ist das nicht, weil irgendwelche Lieferketten drohen zusammenzubrechen, sondern weil ihr zu schnell zu viel kauft. Wir kommen einfach mit dem Nachräumen und Bestellen nicht hinterher, deswegen sind die Regale manchmal an Stellen leer, an denen ihr es nicht gewohnt seid. 
Die Lager unserer Lieferanten sind voll, unser Hauptgroßhändler hat zum Beispiel wegen der geschlossenen Schulkantinen, die keine Lebensmittel mehr beziehen, eher zu viel Ware als zu wenig. Und selbst aus Italien, wo das öffentliche Leben weitestgehend stillsteht, erreicht uns die Nachricht, dass die Versorgung mit Lebensmitteln weiterhin einwandfrei funktioniert. 
Also macht euch bitte Sorgen um andere Dinge, aber nicht darum.
 
Was übrigens auch total Sinn macht: Anderen helfen. Solidarisch sein. Schaut euch in eurer Nachbarschaft nach Menschen um, die nicht selbst einkaufen gehen können, weil sie in Quarantäne sind, oder, noch dringlicher: alt und gebrechlich und allein. Fragt nach, was sie brauchen, und stellt es ihnen vor die Tür.
 
Und sonst, sicher alles andere als ein Geheimtipp, aber der sachliche, fundierte, hochspannende und sympathische tägliche NDR-Podcast mit Christian Drosten sollte zur Pflichtlektüre gehören.
 
Darüberhinaus gilt: Nicht anstecken, klar (die Maßnahmen zur Risikominimierung kann man seriös beim Robert-Koch-Institut nachlesen oder auch bei Drosten hören, aber keinesfalls aus WhatsApp-Kettenbriefen entnehmen), und vor allem: 

Lasst uns alle Sackgassen für das Virus sein! 
Für die allermeisten von uns ist die Krankheit nicht bedrohlich. Aber alle einzelnen können sehr viel dazu beitragen, dass sie diejenigen, für die sie definitiv bedrohlich ist, weniger und langsamer erreicht. So können wir helfen, dass möglichst zu keinem Zeitpunkt die Zahl der schweren Krankheitsverläufe die Zahl der verfügbaren Krankenhausbetten übersteigt.
Menschenansammlungen nach Möglichkeit vermeiden (umso mehr, wenn man hustet o.Ä.) ist vor diesem Hintergrund nicht Hysterie, es ist ein Akt der Solidarität mit denjenigen, die in den nächsten Wochen auf ein gut funktionierendes Gesundheitssystem angewiesen sein werden.
 
Vor diesem Hintergrund gibt es auch bei uns Änderungen im täglichen Betrieb.
 
Wir stellen bis auf Weiteres unseren Cafébetrieb vollständig auf To-Go um, bieten also alles nur noch zum Mitnehmen in Pfandgefäßen an. 
Bei uns hocken sonst jeden Tag ziemlich viele Leute ziemlich eng aufeinander, das ist ja auch schön so, aber derzeit sollte man sowas vermeiden, wo man es kann. Wir können. Nichtsdestotrotz sei gesagt: Insbesondere der Mittagstisch ist eine wesentliche finanzielle Säule unseres Unternehmens, von der damit voraussichtlich weite Teile wegbrechen werden. Wir freuen uns also, wenn ihr trotzdem weiterhin euer Mittagessen in unserem Café kauft. Bitte dafür bis auf Weiteres keine eigenen Gefäße mitbringen, sondern unsere Pfandgefäße verwenden – die wandern dann von eurer Hand direkt in die Spülmaschine und nur frisch aus dem Regal wieder an euch.
 
Das Konzert mit Ryan Power am Montag entfällt, ebenso das mit Sama Dams am 1. April. 
Dazu muss man vermutlich nicht viel mehr sagen, außer: Freischaffende Künstlernde und Musizierende, die unter anderem in Läden unserer Größenordnung unterwegs sind, werden von der Corona-Krise wirtschaftlich besonders hart getroffen. Es trifft ja alle, aber diese Leute sind ohnehin in der allermeisten Fällen prekär unterwegs, investieren oft weite Teile ihrer Ersparnisse in das Wagnis einer Tour und werden jetzt reihenweise gecancelt. Wir zahlen ihnen trotz Absage die Mindestgage, aber das kann/tut beileibe nicht jeder Veranstalter, und geplante Hilfsmaßnahmen seitens der Regierung sind gerade vor allem auf Unternehmen und abhängig Beschäftigte zugeschnitten. Wer da eine niederschwellige  Unterstützung leisten möchte, kann sich ja mal diese Petition hier ansehen. 

Weitere Absagen sind wahrscheinlich, aber der nächste Termin Ende April ist noch ein Weilchen hin – wir beobachten die Lage und hoffen das Beste.
 
Zum Schluss noch ein kunstvoller verbaler Schlag in die Magengrube, der mir nicht aus dem Kopf geht und an den wir dringend werden anknüpfen müssen, sobald wir es wieder können:
 
CORONA-LEHRE
Quarantänehäuser sprießen,
Ärzte, Betten überall
Forscher forschen, Gelder fließen
Politik mit Überschall.
Also hat sie klargestellt:
Wenn sie will, dann kann die Welt.
Also will sie nicht beenden
Das Krepieren in den Kriegen,
Das Verrecken vor den Stränden
Und dass Kinder schreiend liegen
In den Zelten, zitternd, nass.
Also will sie. Alles das.
Thomas Gsella
 
Soweit. Bleibt gesund. Wir bleiben auch gesund. Dann wird alles gut..